Montag, 25. Oktober 2010

Als ich in meinen Klamotten schlief

Erschöpft und glücklich bin ich also seit Samstag Abend wieder Teil der Zivilisation. Der Kanutrip war einfach nur super abgedreht und wohl die Kanada-Erfahrung schlecht hin. Aber ich denke ich erzähl die Geschichte erstmal von Anfang an.

Freitag morgen gegen 8:30 Uhr ging es also los zu einem Kanuverleih in Saskatoon. Das ging auch relativ flott von der Hand und wir haben das Kanu einfach mal auf’s Dach von Nick’s Auto geschmissen. Das nächste Ziel hieß dann Waskesiu was etwa 250km nördlich von Saskatoon im Prince Albert Nationalpark liegt. Dort mussten wir uns dann anmelden, dass wir Kanu fahren gehen. Man muss sich das nämlich so vorstellen: Wenn wir uns innerhalb von 48 Stunden dort nicht wieder abmelden, gelten wir als vermisst und man wird nach uns suchen. Die Kanuroute lag nämlich weitere 50km von Waskesiu entfernt und war somit abgeschnitten von jeglicher Zivilisation. In dem kompletten Gebiet haben sich sonst auch keine anderen Kanufahrer aufgehalten, da es draußen einfach schon sehr kalt war und die Saison zum Kanufahren normal vorüber ist. Achja, außerdem mussten wir uns noch die „You’re in black bear country“-Prospekte durchlesen, da es hier nur so von diesen wimmelt.

Gegen 12:30 Uhr stiegen wir dann endlich in’s Kanu und die Reise konnte beginnen. 2 Tage, in denen wir jeweils 5 Stunden im Kanu sitzen sollten lagen also vor uns. Nach etwa 15 Minuten Fahrt mussten wir auch direkt wieder aussteigen, weil wir den Fluss aufgrund von Stromschnellen wechseln mussten. Es hieß also das Kanu mit Hilfe eines Transportsystems 1km weit zum nächsten Fluss zu überführen. Hat ziemlich gut geklappt und danach ging es dann los auf der richtigen Route.

Obwohl das Wetter vorerst nicht sehr gut aussah, änderte sich dies asbald wir etwa eine halbe Stunde unterwegs waren. Die Sonne kam doch tatsächlich für etwa 2 Stunden nochmal richtig schön raus und bescherrte uns eine relativ angenehme Fahrt über einen der wohl größten Seen den ich je in meinem Leben gesehen hab. Als der erste große See dann überwunden war, begann die Fahrt einfach nur atemberaubend zu werden. Als wir mal nicht paddelten herrschte eine so unglaubliche Stille – glaub sowas habe ich vorher noch nie erlebt. Man hat einfach absolut nichts gehört, einfach nur Ruhe und wunderschöne Natur um einen herum. Außerdem war das Wasser so glasklar und all die Wolken spiegelten sich in diesem.


Zu dieser Zeit etwa verloren wir auch unsere Karte als Nick mich doch darum bat ihm diese über sein Paddel nach vorne zu geben…..ihr müsst euch das so wie in einem Film vorstellen, wo jemand etwas super „wichtiges“ wie z.B. ein 1-Million-Euro-Lotterie-Los durch eine Windböhe verliert. Wir haben danach etwa 1 Stunde non-stop gelacht, weil wir nicht fassen konnten wie dumm wir waren. Wir haben den richtigen Weg aber dennoch gefunden und kamen kurz vor 17 Uhr an unserem „Zeltplatz“ an. Es war so eine Art Halbinsel mit einer Feuerstelle wo bereits eine ganze Menge Feuerholz für uns zur Verfügung stand. Glücklicherweise hat es diesen und den Tag davor nicht geregnet, da das komplette Holz sonst durchnässt gewesen wär. Das Feuer war nämlich ungemein wichtig für uns, da es gegen Abend einfach schon locker 1°C draußen war.


Das Feuer war dann auch relativ schnell dank Birken-Rinde entzündet und hielt uns ungefähr bis 23:30 Uhr warm. Wir haben bestimmt 6 Stunden einfach nur rumgesessen, Suppe aus Dosen gegessen und sehr viel geredet. Gegen 20 Uhr war es nochmal richtig gruselig – etwa 5 Meter von uns entfernt fing es aufeinmal wie wahnsinnig mehrmals an im Gebüsch zu rascheln. Wir sind dann direkt aufgeschreckt und haben die Taschenlampe angemacht. Irgendein schwarzes Tier in Größe eines durchschnittlichen Hundes starrte uns für etwa 2 Sekunden an, bevor es in der Dunkelheit verschwand. Um ehrlich zu sein hatte man schon ziemlich Angst, weil es genau so gut ein hungriger Schwarzbär hätte sein können und wir ein paar Stunden vorher einfach mal 5 Wölfe zusammen rumlaufen gesehen haben. Glücklicherweise blieben wir danach aber von wilden Tieren verschont und konnten uns bei Minusgraden gegen 23:30 Uhr in unser Zelt zum Schlafen legen. Ich glaub’ es war das erste Mal, dass ich in meinen kompletten Klamotten geschlafen habe, weil es so unglaublich kalt war.


Nächsten morgen sind wir dann schon gegen 7 Uhr aus dem Zelt gekrabbelt. Und was war geschehen? Es hat die Nacht über geschneit und es war sogar immernoch am schneien. Noch ziemlich müde war einem dann natürlich auch verdammt kalt und hatte im Hinterkopf, dass das Wetter komplett zu Regen umschwanken könnte und wir schließlich noch locker 4 Stunden Fahrt vor uns hatten. Naja, kurz noch 1-2 Müsli-Riegel reingepiffen und los gings. Nach 15 Minuten kamen wir dann wieder an einem großen See an, den wir komplett überqueren mussten.


Mittlerweile wurde es auch sehr windig und der See fing an Wellen zu schlagen. Was waren wir froh, als wir diese Etappe endlich beendet hatten. Es war einfach 10 Mal schwerer mit starkem Gegenwind, sowie Wellen voran zu kommen.


Da die Route nicht komplett nur mit dem Kanu zu überwinden ist, mussten wir das Kanu noch zwei mal für jeweils etwa 500 Meter schleppen. War auch nicht gerade so leicht, da wir jeder ca. 15kg Gepäck dabei hatten und das Kanu einfach verdammt schwer war. Aber wir haben es gemeistert! Gegen 12 Uhr kamen wir ziemlich durchnässt und leicht durchgefroren am Ende der Route an. Beide natürlich schon in Gedanken bei der warmen Wohnung hat Nick dann erstmal das Auto geholt und wollte es anlassen während wir unsere Sachen einladen. Dabei hat er dann ausversehen das Auto von innen abgeschlossen und die Tür zugeknallt…….Da standen wir also – erschöpft nach 2 harten Tagen mit großen Augen ein verschlossenes warmes Auto anstarrend. Da wir wie gesagt, etwa 50km von den nächsten Menschen entfernt waren und mitten in der Wildnis natürlich kein Handynetz existiert haben wir uns etwa 1 ½ Stunden den Kopf zerbrochen was wir jetzt machen. Nach unzähligen jämmerlichen Versuchen das Auto irgendwie mit einem dünnen Stock über das Fenster von innen zu öffnen, entschlossen wir uns dazu eins der ziemlich kleinen hinteren Seitenfenster einzuschlagen. Weil unsere Arme da nicht ganz durch gepasst haben, hat es dieses Mal sehr gut mit einem Stock geklappt und wir konnten uns endlich in’s Auto setzen und die 3 Stunden nach Hause fahren.


Obwohl wir am Ende einfach noch ziemlich viel Pech gehabt haben, war der komplette Trip einfach nur extrem geil. Es ist genau das, was ich hier einmal machen wollte und kann jedem empfehlen auch mal im quasi „Winter“ Kanu fahren zu gehen. Ist einfach eine unvergessliche Erfahrung!



Da ich ziemlich müde bin, fass ich mich für die letzten 2 Tage einfach ziemlich kurz. Gestern morgen bin ich per Mitfahrgelegenheit von Saskatoon nach Calgary gefahren. Damit bin ich mal wieder extrem günstig für nur $20 etwa 620km gefahren und kam dann am Abend in meinem neuen Zuhause für diese Woche an. Leon hatte für mich vorher eine Unterkunft organisiert – ich wohne jetzt quasi bei Bekannten von der Familie bei der er sich gerade aufhält. Wirklich sehr nette Menschen bei denen ich gerade hause und das Haus ist einfach unglaublich. Ich glaube ich habe noch nie so ein aufwendig dekoriertes Haus in meinem Leben betreten. Wirklich jede Ecke ist bis ins kleinste Detail in irgendeiner Weise eingerichtet und generell wimmelt jeder Raum nur so von antiken Schmuckstücken.

Heute bin ich dann mit Leon ein paar Stunden durch Downtown gelaufen und ich habe mich endlich mit Skisachen für den Winter eingedeckt! Ich habe eine paar super Schnäppchen geschossen und brauche nur noch Skiboots. Letztendlich bleibe ich mit allem zusammen noch unter $700 und das beinhaltet alles von Handschuhen über Winterstiefel und Skis. Also wirklich sehr sehr günstig und außerdem Neuware!

Samstag geht’s dann zurück nach Lake Louise in meine Bude für die nächsten 6-7 Monate. Ich freu’ mich schon extrem auf’s Ski fahren und hoffe, dass es eine sehr schöne Zeit wird. Montag ist dann auch direkt mein erster Arbeitstag und am 5. November eröffnet das Ski Resort. Stehen also ein paar sehr interessante Tage an!

Ich hoffe euch allen geht es gut daheim.

Any feedback?

Verschneite Grüße aus Calgary

Trulli





9 Kommentare:

  1. Das ist die most-awesome story bis jetzt :-)
    hört sich alles extrem sapßig an,
    das vorletzte Foto ist auch nice.

    Wenn ein Bär aus dem Gebüsch gekommen wäre, hättest du Wrestlen können.. Verstehe deine Ängst da nicht so wirklich =P

    bei uns gabs auch den ersten Frost btw.
    gruß, Lars

    AntwortenLöschen
  2. achja ->
    frehse Mütze Trulli

    nochmal Lars ;)

    AntwortenLöschen
  3. Du checker alter :D
    Häng mal ne Kanada Karte an auf der du deine Reiseroute zeigst :D


    Grüße aus Hamburg
    Max

    AntwortenLöschen
  4. Okay hab die Karte entdeckt xDD

    AntwortenLöschen
  5. alter Lachs!

    geile Story, Trulli :D

    freut mich, dass du da drüben so viel Spaß hast ;)

    würde aber gern noch ein Foto von dir und einem Bären sehen!

    grüße nach Kanada a!

    AntwortenLöschen
  6. Sehr geile Story,
    ist ja besser als in jedem Film, wo immer diese typischen Sachen passieren, genau wie Du geschrieben hast. Warte auch schon auf ne karte der Kanutour!

    PS: Hab heute die letzte Klausur aus dem letzten Semester zurückbekommen und auch bestanden.

    Zwischenziel erreicht!

    Gruß aus der Sailing City :)

    AntwortenLöschen
  7. Eva Dücker, wir haben in Lake Louise den Lake Agnes erklommen26. Oktober 2010 um 12:12

    Hey meld dich mal,

    Handynummer 778-788-8975. Dann können wir hier noch mal n Bierchen trinken gehen:-)
    Bin doch auch in Calgary.

    Liebe Grüße,

    Eva

    AntwortenLöschen
  8. Ui, sogar mal ein paar Kommentare - ich bin begeistert.

    Saubere Aktion @Bruder. Vielleicht findest du irgendwo im Internet die "Bogwa Canoe-Route" oder so.


    Flo

    AntwortenLöschen
  9. Ich les deinen Blog sonst immer auf meinem Handy aufm Weg zur arbeit xD da hab ich kein bock n kommentar zu schreiben :P


    Max

    AntwortenLöschen